Arbeitsschutz, Digitalisierung

KI als Chance im HSE-Management

Künstliche Intelligenz definiert Arbeitssicherheit neu. Warum der Mensch dabei wichtig bleibt.

7 Minuten07.11.2025

Wir befinden uns mitten in einer Transformation der Arbeitswelt: Künstliche Intelligenz (KI) verändert nicht nur, mit welchen Methoden wir arbeiten, sondern auch, wie wir Prozesse gestalten und Entscheidungen treffen. Sie schafft neue Möglichkeiten und fordert uns heraus, gewohnte Abläufe zu hinterfragen.

Auch im Arbeitsschutz steht ein Paradigmenwechsel an: Digitale Lösungen für HSE-Profis werden künftig vermehrt KI-Technologie integrieren. Dies erzeugt Tools, die komplexe Aufgaben automatisieren, Entwicklungstrends frühzeitig erkennen und Korrekturen erlauben, bevor Probleme entstehen. 

KI unterstützt und verbessert

Der Nutzen von KI ist besonders deutlich, wenn sie den Menschen dort unterstützt, wo seine Grenzen liegen: KI kann große Mengen an Informationen in kürzester Zeit präzise verarbeiten und Zusammenhänge erkennen, die Menschen entgehen würden. Sie macht Vorhersagen anhand historischer Daten und liefert damit Einsichten für Prävention und Risikomanagement. Großes Potenzial liegt außerdem in der Validierung manuell erfasster Daten sowie beim Schließen von Datenlücken nach berechneten Wahrscheinlichkeiten.

Richtig eingesetzt, entlastet KI Fachkräfte, liefert tiefere Erkenntnisse und vermeidet Fehler. Gleichzeitig schafft sie durch die Übernahme von Routinearbeiten Zeit für strategische Initiativen.

Im allgegenwärtigen Hype um KI-Technologie sollte jedoch nicht die entscheidende Frage vergessen werden: Für welche Szenarien und in welchem Rahmen macht der Einsatz von KI für Beschäftigte der Arbeitssicherheit am meisten Sinn? 

Wie Quentic KI und HSE verbindet

Quentic entwickelt seit mehr als 15 Jahren cloudbasierte Lösungen für HSE und ESG. Das Prinzip der ersten Stunde gilt auch heute noch: konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der User. So evaluieren und bearbeiten wir aktuell ebenfalls Anwendungsbereiche für künstliche Intelligenz, um HSE-Fachkräften ihre Arbeit und das Management der Arbeitssicherheit weiter zu erleichtern.

Christopher Hertel, Head of Technical Program bei Quentic, erklärt: „Wir werden KI-Funktionalitäten für unsere Anwender und Anwenderinnen weiterhin verstärkt ausbauen. Wichtig ist, realistische Maßstäbe anzusetzen. Das heißt nicht, so viel KI wie möglich zu integrieren, sondern einen Einsatz von KI zu fördern, der clever, verlässlich und compliant ist.“

Datenerfassung erleichtern und optimieren

Quentic setzt KI-Technologie bereits ein, um Prozesse der Datenverarbeitung auf das nächste Level zu bringen: So werden z. B. Sicherheitsdatenblätter (SDBs) in großen Mengen noch schneller analysiert und in zentrale, flexibel nutzbare Datensätze überführt.

Die Verantwortlichen müssen dazu nur wenige Klicks vornehmen. Die KI extrahiert anschließend unterschiedliche SDB-Formate und Sprachen selbstständig. Das Vorgehen bewirkt, dass Fachkräfte entscheidende Angaben für das Gefahrstoffmanagement dauerhaft aktuell halten und ihre Arbeitszeit drastisch reduzieren können. 

Auch Ursachenanalysen werden mit KI effizienter: Eine KI-Assistenz führt bei der Bearbeitung von Ereignissen durch die 5-Why-Kette und hilft dabei, die zugrunde liegenden Ursachen und Auslöser aufzudecken. User erhalten auf diesem Weg sinnvolle Antwortvorschläge, die sich aus der bestehenden Datenbasis speisen.

Dies spart Zeit bei der manuellen Dateneingabe und sorgt für einen konsistenten Untersuchungsansatz im gesamten Unternehmen. Vor allem aber lassen sich Vorfälle schneller und gründlicher bearbeiten. Das ist nicht nur gut für das Incident Management und Compliance-Ziele, es unterstützt auch die Sicherheitskultur im Unternehmen. 

Aus Daten neue Erkenntnisse gewinnen

Eine besondere Herausforderung in der Arbeitssicherheit ist es, aus großen Mengen gemeldeter oder anderweitig erfasster Daten nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen. In Quentic wird KI in Kürze auch dabei helfen, aus umfangreichen Datensammlungen zu Störfällen, Beinaheunfällen, Unfällen und positiven Beobachtungen Einflussfaktoren aufzuschlüsseln und Handlungsempfehlungen abzuleiten.

KI wird damit die Fall- und Trendanalyse automatisieren. Gleichzeitig erweitert Quentic die Perspektive und bezieht bislang ungesehene Zusammenhänge mit ein, benennt Schwachstellen und schlägt sogar konkrete Maßnahmen dagegen vor. So hilft die Software HSE-Teams, proaktiv für mehr Sicherheit zu sorgen.

Tim Ammann, Head of Product (EHS) bei Quentic, hat ein klares Ziel vor Augen: „KI soll echte Handlungsimpulse setzen. Wir möchten von einer reaktiven Analyse hin zum vorausschauenden Blick – und von der Datensammlung hin zur strategischen Prävention.“ 

Sicherheitswissen zugänglicher machen

Neben den Investitionen in die eigene Entwicklung geht Quentic Kooperationen ein, um technologische Standards in kurzer Zeit voranzubringen. Der langjährige Partner Enhesa nutzt KI beispielsweise im Compliance-Bereich, der neue Quentic Partner doinstruct, um Sicherheitsinformationen besser zu vermitteln.

Die KI von doinstruct generiert aus den von Kunden bereitgestellten Dokumenten und Materialien automatisch kurze Schulungsvideos, die in über 35 Sprachen übersetzt werden können. Damit ist garantiert, dass Mitarbeitende die Inhalte in ihrer Muttersprache vermittelt bekommen. Werden eigene Videoaufnahmen in den Prozess integriert, kann die KI sogar die Stimme aus der Originalaufnahme in anderen Sprachen nachbilden. 

Diese Videos sind für das Ansehen auf dem Handy konzipiert und können einfach in den Arbeitsalltag eingebunden werden, beispielsweise durch Abruf per QR-Code. So funktionieren Unterweisungen auch über räumliche und sprachliche Barrieren hinweg und erreichen die Menschen dort, wo das Wissen wirklich gebraucht wird. 

Sprachbarrieren berücksichtigt die Quentic Software auch bereits an anderer Stelle: Um Hemmschwellen für die Belegschaft abzubauen, können Meldungen zu Sicherheitsthemen in jeglicher Sprache abgegeben werden. Die Personen, die für die weitere Fallbearbeitung zuständig sind, können dann direkt auf Knopfdruck eine KI-Übersetzung auf der Softwareoberfläche generieren.

Was morgen wichtig wird

Es liegt auf der Hand, dass KI mit wachsenden Fähigkeiten noch ganz andere Anwendungsfälle unterstützen kann. Christopher Hertel verfolgt mit seinem Team das angelaufene Projekt, mit KI-gestützter Videoanalyse das Erstellen von Sicherheitsberichten zu vereinfachen.

So ist vorgesehen, dass Sicherheitsexperten 2026 ihre Beobachtungen einfach per Handykamera dokumentieren, ins zentrale System hochladen und die daraufhin automatisch erzeugte Analyse mit weiteren Handlungsempfehlungen für das HSE-Team ergänzen können. Anstatt schriftliche Protokolle zu führen, könnte die per Video begleitete Begehung damit zum Best Practice werden. 

Auch das sogenannte „Natural Language Processing“ (NLP) eröffnet neue Horizonte: Gesprochene Sätze werden direkt in Textinformationen umgewandelt, die sich weiterverarbeiten und auswerten lassen. Dies wäre im HSE-Bereich z. B. wiederum für Sicherheitsprotokolle oder Ereignismeldungen von Interesse.

Darüber hinaus werden Systeme und Datenbanken zunehmend vernetzt. Sind bestimmte Parameter gegeben, können verschiedene KI-Module direkt miteinander kommunizieren und Informationen teilen. Die Vision ist ein intuitiv nutzbares HSE-System, das Fachkräfte proaktiv in ihrer Arbeit unterstützt und schnelle Perspektivwechsel ermöglicht.

Intelligente Systeme, menschliche Verantwortung

Selbst wenn technische Entwicklungen rasant fortschreiten, ist klar: Der Mensch bleibt der wichtigste Faktor, wenn Sicherheit im Betrieb zu erreichen ist. Er steht im Zentrum derartiger Bemühungen und er ist es, der neue Technologien dazu einsetzt und bedient.

Am besten funktioniert KI, wenn sie hilft statt ersetzt. Unterweisungen an Arbeitsmitteln, Sicherheitsaudits oder strategische Programmplanung sind nach wie vor besser durch Menschen durchzuführen – sie benötigen Erfahrung, Intuition und Fingerspitzengefühl.

Insofern wäre es kurzsichtig, ausschließlich auf KI-Innovationen zu setzen. Werden Mitarbeitende direkt gefragt, wo sie im Unternehmen Unfallrisiken wahrnehmen, ergeben sich oft mehr konkrete und verwertbare Erkenntnisse als Algorithmen liefern können. Der Dialog mit den Mitarbeitenden bleibt ein wichtiger Bestandteil jeder Sicherheitskultur.

Nicht vergessen werden sollte, dass KI-Tools statistische Modelle nutzen, anhand dieser sie plausible und wahrscheinliche, aber nicht immer makellose Ergebnisse erzeugen.

Deshalb sind Transparenz, eine solide und reiche Datenbasis, auf der KI-Tools aufsetzen können, und der prüfende Blick der Fachkräfte unerlässlich. Sicherheit lässt sich nicht an Algorithmen delegieren und HSE-Profis bleiben verantwortlich für Entscheidungen und Ergebnisse.

KI als Werkzeug und Helfer

KI-Tools sind schon heute beeindruckend effektiv. Sie ermöglichen es, smarter und schneller zu arbeiten: Sie verbessern die Dokumentation, erkennen Ursachen und Risiken früh und helfen, bestehende Maßnahmen zu optimieren. Wir sollten sie als hilfreiches Werkzeug verstehen, das wir verantwortungsvoll steuern.

KI in Quentic wird es HSE-Fachkräften noch leichter machen, sichere und vorschriftsgerechte Arbeitsumgebungen für Ihre Mitarbeitenden zu schaffen und den Übergang von reaktivem zu proaktivem Handeln zu vollziehen. Dies befähigt Unternehmen, Risiken am Arbeitsplatz nachhaltig zu verringern – und Vorfälle von vornherein zu vermeiden.

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